Grüner Knopf: Starke Kritik am neuen Siegel

Am Montag hat Entwicklungsminister Gerd Müller den Grünen Knopf vorgestellt, das erste staatliche Textilsiegel für Konsumenten. Die gemeinnützige Gesellschaft cum ratione aus Paderborn, die selbst assoziiertes Mitglied der Kampagne für Saubere Kleidung ist, sieht das neue Siegel kritisch. „Unternehmen müssen lediglich die Zahlung von Mindestlöhnen nachweisen“, bemängelt Kerstin Haarmann, Geschäftsführerin von cum ratione. „Dabei sind die Mindestlöhne oft weit entfernt von den Löhnen, die zum Leben reichen würden. Existenzsichernde Löhne müssten oft mindestens doppelt so hoch sein.“ Weiterhin sei problematisch, dass sich die geforderten ökologischen und sozialen Standards nur auf bestimmte Teile der Produktionsketten beziehen. Während zu Beginn ausschließlich die Konfektion und die Nassprozesse wie das Bleichen und Färben der Textilien beurteilt werden, soll eine Ausweitung auf tieferliegende Produktionsschritte wie den Baumwollanbau erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden.

Stark kritisiert wird auch, dass die Kontrollen, die sogenannten Sozialaudits, durch private Prüfunternehmen durchgeführt werden. Da sich diese häufig auf angekündigte Stichproben und die Berichte des Managements der Fabriken verlassen, bleiben Menschenrechtsverletzungen häufig unerkannt. Unklar bleibt dabei ebenfalls, welche Sanktionsmechanismen bestehen, wenn Unternehmen bestimmte Kriterien nicht einhalten und wie mit Beschwerden umgegangen wird. Die Probleme der fehlenden Transparenz und Nachverfolgbarkeit, mit denen die Textilindustrie schon lange zu kämpfen hat, werden durch das neue Siegel also weiterhin nicht gelöst.

„Wo grün draufsteht, ist nicht gleich grün drin. In seiner jetzigen Ausgestaltung können Verbraucherinnen und Verbraucher nicht darauf vertrauen, dass der grüne Knopf wirklich für faire Kleidung steht.“, verdeutlicht Geschäftsführerin Kerstin Haarmann. „Wenn überhaupt, dann kann der Grüne Knopf nur Teil einer größeren Strategie für mehr Transparenz und bessere Arbeitsbedingungen sein. Freiwillige Initiativen sind nicht der Schlüssel zum Erfolg, wir brauchen ein Gesetz.“