Die Initiative Lieferkettengesetz §

Gegen Gewinne ohne Gewissen - unter diesem Slogan startete am 10. September 2019 die Initiative für ein nationales Lieferkettengesetz. Diese besteht aus 17 zivilgesellschaftlichen Organisationen und weiteren Unterstützer*innen, darunter auch wir als gemeinnützige Gesellschaft cum ratione aus Paderborn. Ziel war die Einführung eines nationalen Gesetzes, das dazu führt, dass Unternehmen Menschenrechte achten und Umweltzerstörung vermeiden – auch im Ausland.

Momentan ist das eher eine Ausnahme als die Regel. Das zeigen aktuelle Medienberichte immer wieder. So arbeiten auf den Kakaoplantagen in Westafrika noch immer rund 2 Millionen Kinder unter ausbeuterischen Bedingungen. Statt in die Schule zu gehen tragen sie zu schwere Kakaosäcke, müssen mit gefährlichen Werkzeugen wie Macheten arbeiten oder versprühen ohne Schutzkleidung giftige Pestizide. Schokoladenhersteller wie Ferrero, Nestlé und Mars profitieren von der Ausbeutung dieser Kinder. Die Lieblingssüßigkeit der Deutschen bekommt damit einen faden Beigeschmack.

Das deutsche Lieferkettengesetz wurde nun beschlossen, aber auf europäischer Ebene wird es nun erst richtig spannend! Auch hier wurde ein Prozess gestartet, damit menschenrechtliche Sorgfaltspflichten EU-weit gesetzlich festgelegt werden. Druck aus der Öffentlichkeit ist also weiterhin notwendig, damit die europäische Regelung die Schwachstellen des deutschen Gesetzes nicht übernimmt, sondern noch wirksamer wird. Das werden zahlreiche Lobbygruppen natürlich unbedingt vermeiden wollen, deshalb kommt es auf jeden und jede Einzelne*n an! Setzt euch gemeinsam mit uns und der Initiative Lieferkettengesetz für ein starkes europäisches Lieferkettengesetz ein!

 

Über das Projekt

Im Zuge der Globalisierung kann eine Intensivierung des globalen Handels beobachtet werden, die mit einer deutlichen Verflechtung von internationalen Geschäftsbeziehungen und einer Fragmentierung der Wertschöpfungskette einhergeht. Aus diesen Entwicklungen resultiert eine gestiegene Notwendigkeit im Hinblick auf das Treffen von Maßnahmen, die die Einhaltung von Menschenrechten nicht nur im Hauptunternehmen, sondern entlang der gesamten Lieferkette garantieren sollen.[1] Hierin enthalten sollte bestenfalls nicht nur die Erstellung eines Sorgfaltspflichtenplans sein, der eine Identifikation von bestehenden Risiken und Abhilfemaßnahmen des Unternehmens aufweist. So sollten gleichzeitig auch gesetzliche Verpflichtungen von Unternehmen bezüglich einer Haftung bei Nichteinhaltung ihrer Pflichten integriert werden. [2]

 

 

[1] Landeszentrale für Umweltaufklärung Rheinland-Pfalz: Regionale Wertschöpfung, http://www.umdenken.de/?id=914.

[2] Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Die neue Richtlinie zur Berichterstattung über nichtfinanzielle Informationen für mehr Unternehmenstransparenz in Europa, http://www.csr-in-deutschland.de/DE/Politik/CSR-national/Aktivitaeten-der-Bundesregierung/CSR-Berichtspflichten/richtlinie-zur-berichterstattung.html.

Weitere Informationen

Vorgehensweise und Ziele

Wie soll das erreicht werden?

Auf globaler Ebene fordert der UN Menschenrechtsrat seine Mitgliedsstaaten dazu auf, Nationale Aktionspläne (NAPs) aufzustellen, die die beschriebenen Leitprinzipien in die Tat umsetzen sollen. Damit verbunden ist auch die CSR- Richtlinie 2014/95 der EU, die den Mitgliedsstaaten der EU einen gewissen Handlungsspielraum bezüglich der Umsetzung der Richtlinie gibt (→ werden zumeist in ein Gesetz oder eine Verordnung umgesetzt.) Diese Freiheit in der Wahl der Gestaltung der Umsetzung unterscheidet sich somit von den EU- Verordnungen, die unmittelbar wirksam und verbindlich sind  und nicht erst in nationales Recht umgewandelt werden müssen. EU- Richtlinien müssen innerhalb der vorgegebenen Frist ordnungsgemäß umgesetzt werden, andernfalls kann der Mitgliedsstaat bei Nicht-Umsetzung schadensersatzpflichtig werden. Eine derartige Koordination der nationalen Bestimmungen im Hinblick auf die unternehmerische Sorgfaltspflicht ist insbesondere aufgrund der Erfordernis einer Vereinheitlichung nötig, da eine Vielzahl von Unternehmen in mehr als einem der Mitgliedsstaaten Europas tätig ist. [1]

[1] United Nations: State National Action Plans, http://www.ohchr.org/EN/Issues/Business/Pages/NationalActionPlans.aspx.

Welche Ziele werden verfolgt?

  • Identifikation der bestehenden Ansätze zur Publizitätspflicht (im Hinblick auf ökologische und soziale Unternehmensdaten) im In- und Ausland
  • Detaillierte Untersuchung der Frage: welche Auswirkungen besitzt die unternehmerische Tätigkeit auf Umwelt und Gesellschaft und was macht das Unternehmen zur Vermeidung der negativen Externalitäten?
  • Lösung des bestehenden Problems: Nichtanwendung der menschlichen Sorgfaltspflicht wird nicht bestraft. Da kaum Sanktionen zu befürchten sind, legen viele große transnationale Unternehmen wenig Wert auf die Einhaltung bestimmter Standards im Einklang mit global geltenden Menschenrechten

 

 

Die CSR-Richtlinie 2014/95 der EU

Hierbei handelt es sich um eine Richtlinie vom 22. Oktober 2014 zur Offenlegung nicht-finanzieller Informationen mit dem Ziel der Transparenz der Sozial- und Umweltberichterstattung der Unternehmen aller Branchen in allen Mitgliedsstaaten. Die hiermit zusammenhängenden Standards sollen auf ein vergleichbar hohes Niveau angehoben werden, während gleichzeitig langfristige Rentabilität mit sozialer Gerechtigkeit und Umweltschutz zu kombinieren ist (Nachhaltigkeit auf allen drei Ebenen). Weiterhin soll Verbrauchern der Zugang zu jenen Informationen erleichtert werden, die Aufschlüsse über die Effekte unternehmerischer Tätigkeit auf die Gesellschaft geben.

Die Richtlinie sieht so vor, dass von großen Unternehmen Risiken identifiziert werden müssen, die durch die unternehmerische Tätigkeit gegenüber der Umwelt oder sozialen Bereichen anfallen und soll auf diese Weise als Grundlage für eine gesetzliche Verankerung wirken. Mit Blick auf den Geltungsbereich sollte sich an der durchschnittlichen Beschäftigungszahl, der Bilanzsumme und den Nettoumsatzerlösen orientiert werden. Bezüglich der Mitarbeiterzahl schlägt die europäische Richtlinie eine Mindestzahl von 500 Beschäftigten vor, stellt jedoch weiter heraus:  „Dies sollte Unternehmen nicht daran hindern, die Angabe nicht-finanzieller Informationen von anderen Unternehmen und Gruppen als jenen, die unter diese Richtlinie fallen, zu verlangen.“ Unternehmen sollen außerdem, „falls es relevant und verhältnismäßig ist“, auch Angaben im Bezug zu ihrer Lieferkette und den involvierten Subunternehmen machen.

Neben den identifizierten Risiken sollen außerdem Maßnahmen herausgestellt werden, die getroffen wurden bzw. getroffen werden sollten, um ebendiesen Risiken entgegenzuwirken. Bereiche, die im Zuge der Analyse tiefergehende Betrachtung finden sollen, umfassen hierbei die Umwelt, die Sicherheit und Gesundheit von Arbeitnehmern, die Nutzung von erneuerbaren Energien, die Einhaltung von Menschenrechten, sowie die Bekämpfung von Korruption im Sinne einer stärker an ethischen Prinzipien orientierten Wirtschaftsweise. Zusätzlich zur Vorgabe der Berichtspflicht müssen Mitgliedsstaaten auch sicherstellen, dass Mechanismen zur Kontrolle der Einhaltung dieser Pflicht vorhanden sind, um einen wirklichen Anreiz zur Umsetzung zu bieten.

Grundlegend sollen die erstellten nationalen Aktionspläne auf den Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen aufbauen, deren 3-Säulen Konzept den Rahmen für die Kernstruktur der Gesetzesvorlagen bildet.[1]

[1] Europäische Union: Richtlinien, http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32014L0095&from=DE.

Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte

→ zentraler Referenzpunkt: dreidimensionales Konzept des Schutzpflicht, Respektierungspflicht und der Gewährleistungspflicht (protect, respect and remedy). Dieser 3-Säulen-Rahmenplan wurde erstmals von dem UN Repräsentanten John Ruggie veröffentlicht und soll Anwendbarkeit für sämtliche Staaten und Unternehmen finden.

  1. Schutzpflicht:

    Staaten besitzen im Rahmen der völkerrechtlichen Abmachungen die Verpflichtung, „die Menschenrechte von Personen in ihrem Hoheitsgebiet und/oder ihrer Jurisdiktion durch Dritte zu schützen“ (Seite 3).

    Dabei handelt es sich eher um einen Verhaltensmaßstab als um eine direkte Verantwortlichkeit des Staates durch von privaten Handlungen verursachte Menschenrechtsverletzungen. Ihre Verantwortlichkeit besteht jedoch eher in dem Sinne, dass sie den privaten Akteuren einen Handlungsspielraum für derartige Verletzungen von Menschenrechten geboten haben bzw. keine proaktiven Maßnahmen getroffen wurden, um ebendiese zu verhüten, zu analysieren und Zugang zu Abhilfe zu schaffen. Bei der Wahl der Maßnahmen stehen den Staaten grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten offen, sie sollten jedoch das ihnen zur Verfügung stehende Potenzial im Rahmen von Politiken, Gesetzesvorlagen und weiteren Präventiv- oder Abhilfemaßnahmen dennoch in einem möglichst effektiven Umfang ausnutzen.

    Von Unternehmen sollen Staaten erwarten, dass bei der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit die grundlegend allen Individuen gegebenen Menschenrechte geachtet werden. Das beinhaltet vor allem die Schaffung von Rechtsvorschriften, die Unternehmen dazu verpflichten, ihrer Sorgfaltspflicht nachzukommen, und eine kontinuierliche Überprüfung der Qualität und des Umfangs der getroffenen Maßnahmen zur Schaffung von nachhaltigen Lebens- und Arbeitsbedingungen.

    Weiterhin sollen Staaten dafür Sorge tragen, dass Unternehmen unter staatlicher Kontrolle in besonderem Maße die Einhaltung der Menschenrechte respektieren und somit als positives Beispiel für private Unternehmen vorangehen. Auch kann die Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch den Staat an Auflagen wie einen Nachweis zur Erfüllung der Corporate Social Responsibility des Bewerbers geknüpft sein. So sollen die potenziellen Wettbewerbsnachteile nachhaltig wirtschaftender Unternehmen ausgeglichen werden, sodass auf diese Weise Anreize für einen stärkeren Fokus auf ökologische und soziale Aspekte geliefert werden.

  2. Respektierungspflicht:

    Von Unternehmen wird verlangt, dass sie die Menschenrechte im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit achten und bei identifizierten negativen Auswirkungen Maßnahmen treffen, um diesen entgegenzuwirken. Dabei wird diese Verantwortung nicht von lokalen Grenzen eingeschränkt, sondern besteht auf globaler Ebene. Wenngleich spezielle Risiken in bestimmten Regionen vorherrschen können und die Erfüllung bestimmter Menschenrechte in einigen Gebieten stärker gefährdet ist als in anderen, sollen Unternehmen grundsätzlich alle bestehenden Menschenrechte (zu finden in der internationalen Menschenrechtscharta unter  https://www.menschenrechtserklaerung.de/die-allgemeine-erklaerung-der-menschenrechte-3157/) achten. Weiterhin ist von großer Bedeutung, dass diese Verpflichtung nicht nur für die Auswirkungen von Tätigkeiten innerhalb des Unternehmens an sich gilt, sondern eine Verantwortung für Aktivitäten innerhalb der gesamten Lieferantenkette besteht. Neben einer Analyse der bestehenden Risiken im Hinblick auf die potenzielle Verletzung von Menschenrechten sollten Unternehmen außerdem Indikatoren aufstellen, mit denen sie die Wirkung der von ihnen getroffenen Abhilfemaßnahmen messen können. Sowohl die Auflistung der identifizierten Nichteinhaltungen von Menschenrechten als auch die getroffenen Abhilfemaßnahmen sollten extern an die beteiligten Stakeholder kommuniziert werden, um so für eine transparente Informationsplattform zu sorgen.

  3. Gewährleistungspflicht:

    Staaten sind dazu verpflichtet, geeignete Rahmenbedingungen als Zugang zur Abhilfe bei Menschenrechtsverletzungen zu bieten. Als wirksame Maßnahmen sind hier Gesetzgebungen aufzulisten, die die Unternehmensverantwortung im Sinne einer gesetzlichen Haftung regulieren. Wenn Unternehmen ihrer Sorgfaltspflicht nicht ausreichend nachkommen – sei es durch Nichteinhaltungen von Menschenrechten im eigenen Unternehmen oder innerhalb der damit verbundenen Lieferkette- dann müssen diesen Sanktionen drohen, um effektiv Veränderungen des schädlichen Verhaltens erwirken zu können und gleichzeitig den Betroffenen Zugang zu einer Entschädigung zu bieten. Abhilfe kann hier in vielerlei Form zur Verfügung gestellt werden: Diese kann von einfachen Entschuldigungen über Rückerstattungen und der Beseitigung der negativen Folgen bis hin zu Schadensersatz und weiteren Sanktionsmaßnahmen reichen. Beschwerdemechanismen für Betroffene sollten so eingerichtet werden, dass denjenigen, denen durch Nichterfüllung der Sorgfaltspflichten Schaden entstanden ist, keine unüberwindbaren Hindernisse in den Weg gelegt werden, die die Aussichten auf Erfolg der Klage deutlich mindern. [1]

    [1] Deutsches Global Compact Netzwerk: Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, https://www.globalcompact.de/wAssets/docs/Menschenrechte/Publikationen/leitprinzipien_fuer_wirtschaft_und_menschenrechte.pdf.

Die Aktionspläne in der Anwendung

Positive Beispiele aus Frankreich und Großbritannien

Äußerst vielversprechend klingen die Ansätze aus Frankreich und Großbritannien, die vor allem den Aspekt der gesetzlichen Haftung von Unternehmen bei Menschenrechtsverstößen innerhalb ihrer Lieferkette stärker verankern wollen. Damit wird ein größerer Fokus auf die dritte Säule der Leitprinzipien der Vereinten Nationen gelegt, die bei Nichteinhaltungen einen breiteren Zugang zur Abhilfe garantieren soll. Der französische Gesetzesentwurf, der am 21. Februar 2017 in letzter Lesung durch die Nationalversammlung angenommen wurde und nach Überprüfung des Verfassungsrats endgültig in Kraft treten kann, sieht Sanktionen bis zu 30 Millionen Euro bei der Nichteinhaltung der unternehmerischen Sorgfaltspflicht vor. Entscheidet ein Gericht, dass ein Unternehmen seiner Sorgfaltspflicht nicht in ausreichendem Maße nachgekommen ist, kann es somit auch zur Haftung gegenüber Betroffenen führen. Unternehmen müssen den Schaden wiedergutmachen, der durch die Einhaltung der Sorgfaltspflicht hätte verhindert werden können. Auch das britische Gesetz, das am 26. März 2015 die königliche Genehmigung erhalten hat, soll sicherstellen, dass Unternehmen, denen eine Nichteinhaltung ihrer Sorgfaltspflicht nachgewiesen werden kann, entsprechende Sanktionen auferlegt bekommen. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass Behörden für nationale Verbrechen, die Polizei sowie andere Institutionen verantwortlich für die Vollstreckung von Gesetzen, die Macht haben, Gerechtigkeit für diejenigen zu erwirken, die Opfer von Menschenrechtsverletzungen geworden sind. [1][2]

[1] Gov.UK: Modern Slavery Act 2015, unter https://www.gov.uk/government/collections/modern-slavery-bill.

[2] Amnesty International et al.: Hintergrundinformationen zum französischen Sorgfaltspflichtengesetz und aktuellen Entwicklungen in Deutschland, unter https://www.femnet-ev.de/images/downloads/csr/Das-franzoesische-Sorgfaltspflichtengesetz-und-aktuelle-Entwicklungen-in-Deutschland.pdf.

Und wie sieht es in Deutschland aus?

Eine fristgerechte Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht müsste bis zum 06.12.2016 erfolgt sein. Hierfür wären Änderungen an entsprechender Stelle im HGB erforderlich. Aufbauend auf einem Referentenentwurf vom 11.03.2016 hat die Bundesregierung einen überarbeiteten Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung der Unternehmen am 23.09.2016 veröffentlicht. Darauffolgend wurde das Gesetz dann am 9.März 2017 vom Bundestag verabschiedet, eine Billigung des Bundesrates steht noch aus. [1]

Obwohl bzw. gerade weil die Richtlinie der EU nahezu 1:1 in nationales Recht umgewandelt wurde, sieht sich das Gesetz inhaltlich zahlreicher Kritik gegenüber. Da lediglich kapitalmarktorientierte Großunternehmen, Kreditinstitute und Versicherungsgesellschaften mit mehr als 500 Mitarbeitern in die Berichtspflicht eingeschlossen werden,  würden global agierende Konzerne von enormer gesellschaftlicher Relevanz, wie beispielsweise Aldi, Dr.Oetker oder Lidl (keine Kapitalmarktorientierung), nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen. Weiterhin wird auch das Festhalten an der Möglichkeit zum weglassen nachteiliger Angaben (§289e HGB-E) äußerst kritisch gesehen, da Unternehmen hier erlaubt wird, Informationen über unternehmerische Tätigkeiten und deren Auswirkungen wegzulassen, falls diese dem Unternehmen einen erheblichen Schaden zufügen könnten. Damit wird dem eigentlichen Sinne des Gesetzes komplett widersprochen, sodass Forderungen nach einer Nichtumsetzung dieses Paragrafen (wie in Dänemark der Fall) laut vernehmbar sind. Im Hinblick auf den Zugang zu Maßnahmen zur Abhilfe werden Betroffene, die aufgrund von Menschenrechtsverletzungen gegen deutsche Unternehmen klagen wollen, mit zahlreichen Hürden konfrontiert: es sind keine geeigneten Kollektivklagemöglichkeiten vorhanden, die Verjährungsfristen sind kurz und Beweise aufgrund der Intransparenz von Lieferketten nur schwer zu erbringen. Das deutsche Gesetz sieht auch hier kaum Verbesserungen vor, da keine rechtlichen Konsequenzen bei einem Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht und einer Verfehlung der Zielsetzungen zu beobachten sind. Es existieren Geldstrafen für Verstöße gegen die Berichtsstrafen, aber keine Sanktionen für die Nichteinhaltung der Menschenrechte an sich.[2]

In diesem Zusammenhang wird häufig auch die Einführung der sogenannten Bürokratiebremse sehr negativ gesehen, da diese vorsieht, dass für jede neu etablierte Regelung eine andere abgeschafft werden muss. Diese Vorgabe entfällt lediglich, wenn EU-Richtlinien 1:1 in nationales Recht umgesetzt wurden, sodass keine Anreize für eine Änderung bzw. Verschärfung der in der Richtlinie enthaltenen Vorschläge bestehen. [3]

[1] Juris – Das Rechtsportal: Die Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung der Unternehmen in ihren Lage- und Konzernlageberichten, unter https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jpr-NLARADG000217&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp.

[2] Brot für die Welt und Germanwatch: Unternehmensverantwortung im europäischen Vergleich, unter http://venro.org/fileadmin/redaktion/dokumente/2016/Kurzpapier_NAP-Ambitionsniveau.pdf.

[3] CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung: Pressemitteilung, unter http://www.cora-netz.de/cora/wp-content/uploads/2017/03/2017-03-09_CorA_PM_Transparenzgesetz.pdf.

 

Downloads

Wie sollte ein angemessener Gesetzesvorschlag aussehen? Hier finden sich unsere Forderungen und zwei Studien zur Unternehmensverantwortung im globalen Kontext:

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