In den Diskussionen zum Thema Klimaschutz herrscht weitgehend Einigkeit: Die Reduzierung von CO₂-Emissionen ist eine tragende Säule im Kampf gegen den Klimawandel. Um den Ausstoß von Emissionen zu verteuern und klimafreundliches Handeln anzureizen, wurden europaweit Werkzeuge zur CO₂-Bepreisung eingeführt. Die Umsetzung der Politik stößt allerdings auf viel Kritik und wird in der aktuellen Diskussion aufgeweicht. Die cum ratione gGmbH hat die E&E Consult GbR beauftragt, ein Modell zur unbürokratischen und fairen CO₂-Bepreisung aufzusetzen. Denn die künstliche Verknappung von CO₂-Emissionen kann durchaus ein wichtiger Hebel für klimafreundliche Innovationen sein. Das Modell sieht neben einem Klimageld für die Zivilgesellschaft einen Rückverteilungsmechanismus für Unternehmen vor. Die Besonderheit: Die Rückzahlung der CO₂-Abgaben an Unternehmen der energieintensiven Industrie ist an nachweisliche Dekarbonisierungsmaßnahmen gekoppelt.
Aktuelles System
Viel Kritik
Unser Konzept
AKTUELLES SYSTEM
Seit 2021 setzt Deutschland auf den nationalen Emissionshandel (nEHS). Unternehmen, die fossile Brennstoffe wie Benzin, Diesel, Heizöl oder Erdgas in Verkehr bringen, müssen für jede ausgestoßene Tonne CO₂ ein Zertifikat erwerben. Der nEHS ergänzt den Europäischen Emissionshandel (EU-ETS), der Emissionen aus Energieerzeugung, energieintensiver Industrie sowie dem Luft- und Seeverkehr erfasst.
In Planung ist zudem ein europäischer CO₂-Grenzausgleich – der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) für energieintensive Industrieprodukte. Derzeit in der Testphase, verpflichtet er ab 2026 Importeure aus Nicht-EU-Staaten zum Erwerb von CBAM-Zertifikaten – entsprechend den CO₂-Kosten, die in der EU anfallen würden. Ziel ist es, Carbon-Leakage zu verhindern, also die Verlagerung emissionsintensiver Produktion ins Ausland zur Umgehung europäischer Klimavorgaben.
VIEL KRITIK
Nationale sowie europäische Regelungen stehen allerdings massiv in der Kritik. Der CBAM wird bereits vor seiner vollständigen Umsetzung in der Diskussion aufgeweicht. Kritiker bemängeln insbesondere, dass der Mechanismus sein Ziel verfehlen könnte. Ausgerechnet der chinesische Stahl, den die CO₂-Zölle in erster Linie treffen sollen, gilt laut Branchenangaben bereits zu einem großen Teil als „grün“ zertifiziert. Zudem ist weiterhin nicht klar, ob die CBAM-Bestimmungen im Einklang mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) stehen. Handelskonflikte scheinen vorprogrammiert.
Die europäische Industrie gerät währenddessen zunehmend unter Druck. Ein dauerhaft steigender CO₂-Preis könnte finanziell überfordern, so die Sorge der Unternehmen. Hinzu kommt: Die Vielzahl nationaler Regelungen macht die CO₂-Bepreisung zu einem bürokratischen Kraftakt. Dabei gilt der aktuelle CO₂-Preis als zu niedrig, um tatsächlich eine Lenkungswirkung zu entfalten. Schwankende Preisentwicklungen und unklare rechtliche Rahmenbedingungen schaffen Unsicherheit für Investitionen. Wenn die Weitergabe der CO₂-Kosten an Verbraucher*innen wie momentan geplant umgesetzt wird, trifft dies einkommensschwache Haushalte besonders hart.
Wir unterstützen die zahlreichen Kritiker*innen der aktuellen Klimapolitik der Regierung und sind der Ansicht, dass der aktuelle Weg bei weitem nicht ambitioniert genug ist und nicht ausreichen wird, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Auch die Interessen der deutschen Industrie werden damit nicht genug beachtet. Diese brauchen viel eher eine wirksame CO₂-Bepreisung, um auch zukünftig wettbewerbsfähig zu sein und ihrer technologischen Führungsrolle national wie auch international gerecht zu werden.
UNSER KONZEPT
Die cum ratione gGmbH hat daher die E&E Consult GbR beauftragt, ein Modell zu erarbeiten, das sowohl ohne großen Aufwand umsetzbar ist als auch trotz gewünschter Lenkungswirkung die deutsche Wirtschaft in der Gesamtheit nicht belastet. Entwickelt werden sollte dabei ein CO₂-Preismodell, das wirksam, unbürokratisch, wettbewerbsgerecht, sozial ausgewogen und aufkommensneutral ist.
Das erarbeitete Konzept orientiert sich an der Schweizer CO₂-Bepreisung, setzt jedoch neue Impulse für die energieintensive Industrie. Einnahmen durch die CO₂-Steuer werden an die Zivilgesellschaft rückverteilt. Dieses Klimageld wird pro Kopf ausgezahlt. Abgaben von Unternehmen werden pro ausgestoßener Tonnen CO₂ berechnet. Der größte Teil dieser Einnahmen wird nach Lohnsumme an die Unternehmen zurückgegeben. Bei der energieintensiven Industrie ist der ausschlaggebende Parameter für die Rückzahlung aber nicht, wie in der Schweiz, die Höhe der bezahlten Lohnsumme. Die Rückzahlung wird an die Dekarbonisierungs-Bemühungen der Unternehmen geknüpft. Wer weniger Treibhausgase produziert, bekommt mehr Geld zurück. Dieses Werkzeug wäre ein Innovationstreiber sondergleichen. Ebenfalls wichtig ist ein verlässlicher CO₂-Preispfad. Volatile CO₂-Bepreisung ist Gift für Investitionen.
Trotz des enormen Potenzials einer wirksamen Bepreisung von CO₂ sollte jedoch klar sein, dass es sich hierbei lediglich um ein wichtiges Element handelt, das in ein umfassendes Bündel aus verschiedenen Instrumenten (Ordnungsrecht, Förderbedingungen, infrastrukturelle Maßnahmen etc.) eingebettet werden muss. Nur so kann eine erfolgreiche Klimapolitik gestaltet werden.