Vorbildprojekt aus Karlsruhe: Mehr Wohnraum für Paderborn?

(Vorbild-)Projekt aus Karlsruhe: Wohnraumakquise durch Kooperation

Am 30. Sep­tem­ber ver­sam­mel­ten sich rund 30 inter­es­sier­te Bürger*innen, Kommunalvertreter*innen und Fach­leu­te im gro­ßen Saal des Rat­hau­ses Pader­born, um über neue Wege der Wohn­raum­be­schaf­fung zu dis­ku­tie­ren. Im Fokus stand vor allem eines: Alter­na­ti­ven zum klas­si­schen Neu­bau zu fin­den.

Stef­fen Schä­fer aus dem Sozi­al­amt Karls­ru­he stell­te dabei das erfolg­rei­che Pro­jekt „Wohn­rau­mak­qui­se durch Koope­ra­ti­on“ vor, wel­ches seit 2005 in Karls­ru­he umge­setzt wird. Ziel des Pro­jekts ist es, Wohn­raum für Per­so­nen aus wirt­schaft­lich schwä­che­ren Ver­hält­nis­sen und Men­schen ohne Obdach zu gewin­nen – durch inten­si­ve Koope­ra­tio­nen mit pri­va­ten Ver­mie­tern. Schä­fer erläu­ter­te, dass das Pro­jekt von anfangs 24 ver­mit­tel­ten Woh­nun­gen im Jahr 2005 auf mitt­ler­wei­le über 1300 Woh­nun­gen im Jahr 2024 ange­wach­sen ist, wodurch mehr als 3300 Men­schen eine neue Blei­be fin­den konn­ten.

Ein zen­tra­ler Aspekt des Karls­ru­her Modells liegt dar­in, das Ver­trau­en der Ver­mie­ter durch drei wesent­li­che Kom­po­nen­ten zu gewin­nen: eine Miet­aus­fall­ga­ran­tie, Sanie­rungs­zu­schüs­se sowie eine umfas­sen­de sozi­al­päd­ago­gi­sche Beglei­tung der Mie­te­rin­nen und Mie­ter. Laut Schä­fer ent­spricht ein Groß­teil der Ver­mie­ter nicht dem oft gezeich­ne­ten Bild des „Miet­hais“ – vie­le könn­ten höhe­re Mie­ten ver­lan­gen, ent­schei­den sich jedoch bewusst für das „Rund-um-sorg­los-Paket“, das das Pro­jekt bie­tet.

 

Integrations- und Öffentlichkeitsarbeit

Zudem wird auf sozia­le Inte­gra­ti­on Wert gelegt: Statt Wohn­con­tai­ner oder Über­gangs­lö­sun­gen wie die zeit­wei­se Bele­gung von Turn­hal­len schafft Karls­ru­he lang­fris­ti­ge Per­spek­ti­ven, die Teil­ha­be im Quar­tier und selbst­be­stimm­tes Leben ermög­li­chen. „Eine Woh­nung und die Aus­sicht auf Arbeit – das ist der Schlüs­sel zur Selbst­stän­dig­keit“, so Schä­fer.

Er beton­te, dass zu Beginn des Pro­jekts viel Enga­ge­ment in der Öffent­lich­keit erfor­der­lich war – er sprach von einer zunächst erfor­der­li­chen „Staubsaugervertreter“-Mentalität, um das Ver­trau­en der Ver­mie­ter zu gewin­nen. Das Team star­te­te mit einer hal­ben Stel­le, besteht inzwi­schen jedoch aus sechs Sozialarbeiter*innen und vier Ver­wal­tungs­kräf­ten. Er zeig­te in sei­ner Prä­sen­ta­ti­on auf, dass die Stadt Karls­ru­he durch das Pro­jekt erheb­li­che Sum­men ein­spa­re, die sie ansons­ten für die Unter­brin­gung der Betrof­fe­nen und den Bau von Woh­nun­gen hät­te aus­ge­ben müs­sen.

 

Diskussion: Geht das auch in Paderborn?

Die anschlie­ßen­de Dis­kus­si­on dreh­te sich um die Mög­lich­kei­ten, das Modell auch in Pader­born zu adap­tie­ren. Bereits jetzt gibt es viel­ver­spre­chen­de Ansät­ze wie die städ­ti­schen Bele­gungs­rech­te oder das Pro­gramm „End­lich ein Zuhau­se“ von KIM. Doch es wur­de klar: „Um wirk­lich etwas zu bewe­gen und Wohn­raum aus dem Bestand zu akti­vie­ren, müs­sen die Kom­mu­nen auch selbst tätig wer­den, denn sie genie­ßen in der Regel das Ver­trau­en der Ver­mie­ter“, so Kers­tin Haar­mann, Geschäfts­füh­re­rin von cum ratio­ne. „Es braucht in Pader­born einen ‘Küm­me­rer’, der oder die Ver­mie­ter anspricht und sie berät zum The­ma Sanie­rungs­kos­ten­zu­schuss, Miet­aus­fall­ga­ran­tie und den lang­fris­ti­gen posi­ti­ven Effek­ten eines sol­chen Pro­jek­tes. Gera­de in Zei­ten knap­per Kas­sen soll­ten Poli­tik und Ver­wal­tung sich genau anschau­en, wel­che finan­zi­el­len und sozia­len Vor­tei­le so ein Pro­jekt durch die gering­fü­gi­ge För­de­rung der Schaf­fung von Wohn­raum im Bestand haben kann“ , so Haar­mann wei­ter.

Fritz Buhr (pro grün) hob in sei­nem Schluss­wort her­vor, dass die Schaf­fung von Wohn­raum durch die Akti­vie­rung bestehen­der Res­sour­cen nicht nur eine sozia­le Auf­ga­be ist, son­dern auch einen wich­ti­gen Bei­trag zur Errei­chung der Kli­ma­zie­le leis­tet. Der Ver­zicht auf Neu­bau­pro­jek­te auf der „grü­nen Wie­se“ trägt zur Reduk­ti­on der Flä­chen­ver­sie­ge­lung bei, was gera­de ange­sichts der zuneh­mend häu­fi­ge­ren Extrem­wet­ter­er­eig­nis­se, wie den drei Jahr­hun­dert­hoch­was­sern in Karls­ru­he seit 2015, von gro­ßer Bedeu­tung ist.

Die Ver­an­stal­tung war ein Appell an Ver­wal­tung und Poli­tik, die Wohn­raum­be­schaf­fung in Pader­born inten­si­ver zu för­dern und dabei inno­va­ti­ve und nach­hal­ti­ge Wege zu gehen – ganz im Sin­ne des Karls­ru­her Mot­tos „Steu­ern statt Rudern“.