Sind der Islam und das Grundgesetz vereinbar? Dieser brisanten Frage widmete sich die gemeinnützige Gesellschaft cum ratione jetzt in der Paderborner Kulturwerkstatt. Zu Gast waren die renommierten Islamwissenschaftler Dr. Abdel-Hakim Ourghi aus Freiburg und die Bonner Professorin Christine Schirrmacher sowie Fayssal Abed vom Extremismus Präventionsprogramm „Wegweiser“ aus Bielefeld.
Experte fordert von Muslimen mehr Selbstkritik
Der Abend begann mit einem Vortrag von Dr. Abdel-Hakim Ourghi, der aufgrund seiner liberalen Ansichten in der muslimischen Welt nicht ganz unumstritten ist. Ourghi machte zu Beginn deutlich, dass nicht von einem einzigen Islam gesprochen werden könne, sondern dass zahlreiche verschiedene Ausprägungen existieren. Bestimmte Auslegungen, insbesondere der politische Islam, würden in starkem Widerspruch zu den elementaren Werten unserer Gesellschaft stehen. Daher sei ausschließlich ein aufgeklärter Islam mit dem Grundgesetz vereinbar. „Die Muslime dürfen sich deshalb nicht nur in der Opferrolle sehen, sondern müssen endlich mit der dringend benötigten Selbstkritik beginnen“, forderte der Islamwissenschaftler energisch. Die bundesweiten Islamverbände seien dabei eher ein Hindernis als förderlich für Selbstkritik und Integration, da diese ganz überwiegend keinen aufgeklärten Islam vertreten würden, sondern eine konservative strenge Ausrichtung. Nach Dr. Ourghi vertreten die Islamverbände bundesweit ohnehin nur 15 % der in Deutschland lebenden Muslime und seien daher nicht repräsentativ.
Gründe der Radikalisierung
Als mögliche Ursachen der Radikalisierung von jungen Muslimen in Deutschland sieht Prof. Dr. Christine Schirrmacher unter anderem den jugendlichen Rebellionsdrang und fehlenden sozialen Halt – auch als Folge mangelhafter Integration. Laut Schirrmacher machen diese persönlichen Lebensumstände besonders anfällig für extremes Gedankengut. Die Wissenschaftlerin und der Präventionsbeauftragte Fayssal Abed vom Wegweiser Präventionsprogramm sind sich jedoch einig, dass einzelne Gründe für den Schritt in den extremistischen Salafismus nicht klar definiert werden können, sondern eine Vielzahl von Faktoren und gegenseitigen Abhängigkeiten betrachtet werden muss. Herr Abed betonte, dass die Gefahr des Salafismus auch in OWL sehr präsent sei und der Präventionsarbeit eine wichtige Rolle zukäme.
Gemeinsame Diskussion
Bei der anschließenden Podiumsdiskussion kam es zu einer sachlichen Debatte, an der sich auch Vertreter heimischer Moscheen rege beteiligten. „Genau solch eine offene sachliche Debatte wollen wir in Paderborn entfachen“, erläutert Kerstin Haarmann, Geschäftsführerin von cum ratione, die Motivation der Gesellschaft. „Wir tolerieren weder die fehlende Islamkritik einiger liberaler Parteien noch wollen wir, dass Rassisten diesen Spielraum für einen generellen Angriff auf den Islam nutzen.“