Gebäudetyp E: Einfacher, schneller, günstiger bauen

Vereinfachtes Bauen – Gebäudetyp E

In Deutsch­land ist der Gebäu­de­typ E ein neu­es Kon­zept, das ver­ein­fach­tes Bau­en ermög­li­chen soll, indem bestimm­te Bau­vor­schrif­ten und tech­ni­sche Stan­dards redu­ziert wer­den. Das Ziel ist es, Kos­ten zu sen­ken und den Bau­pro­zess zu beschleu­ni­gen, ohne dabei die Sicher­heit der Gebäu­de zu gefähr­den. Der Gebäu­de­typ E ist beson­ders auf Wohn­ge­bäu­de aus­ge­legt, bei denen z. B. im Bereich Schall­schutz, Haus­tech­nik und Nut­zung alter­na­ti­ver Bau­ma­te­ria­li­en weni­ger stren­ge Vor­ga­ben gel­ten.

Gebäudetyp E in Bayern

In Bay­ern wur­den bereits 19 Pilot­pro­jek­te gestar­tet, die vor allem auf den Woh­nungs­bau aus­ge­rich­tet sind. Die­se Pro­jek­te umfas­sen auch Schu­len und Ver­wal­tungs­ge­bäu­de und sol­len unter­su­chen, wie sich die redu­zier­ten Vor­schrif­ten auf Bau­zeit, Kos­ten und tech­ni­sche Kom­ple­xi­tät auswirken​

Eini­ge Pilot­pro­jek­te beinhal­ten auch die Umnut­zung bestehen­der Gewer­be­im­mo­bi­li­en und die Auf­sto­ckung bestehen­der Gebäu­de. Die­se wer­den von kom­mu­na­len Woh­nungs­bau­ge­sell­schaf­ten und ande­ren Orga­ni­sa­tio­nen umge­setzt und wis­sen­schaft­lich beglei­tet, um die Effi­zi­enz der neu­en Bau­wei­se zu eva­lu­ie­ren. Bay­erns Vor­stoß könn­te als Vor­bild für ande­re Bun­des­län­der die­nen, wenn die Ergeb­nis­se posi­tiv ausfallen​

Der aktuelle Stand auf Bundesebene

Auf Bun­des­ebe­ne gibt es mitt­ler­wei­le kon­kre­te Schrit­te und Vor­schlä­ge zur Ein­füh­rung des Gebäu­de­typs E, unter­stützt durch das Bun­des­jus­tiz­mi­nis­te­ri­um (BMJ). Ziel ist es, das Bau­ver­trags­recht zu refor­mie­ren, um das Bau­en zu ver­ein­fa­chen und zu ver­bil­li­gen. Die geplan­ten Geset­zes­än­de­run­gen sol­len in ers­ter Linie sicher­stel­len, dass bei Bau­vor­ha­ben auf rein kom­fort­be­zo­ge­ne Stan­dards ver­zich­tet wer­den kann, sofern die­se nicht für die grund­le­gen­den Sicher­heits- und Schutz­zie­le not­wen­dig sind. Die­se Stan­dards gel­ten oft als Kos­ten­trei­ber, wes­halb eine Neu­aus­rich­tung beab­sich­tigt ist, um auch inno­va­ti­ve, kos­ten­güns­ti­ge Bau­wei­sen zu för­dern.

Kon­kret plant das BMJ, im Bür­ger­li­chen Gesetz­buch (BGB) den Begriff der „aner­kann­ten Regeln der Tech­nik“ prä­zi­ser zu defi­nie­ren und das Abwei­chen von die­sen Regeln in Bau­ver­trä­gen zwi­schen fach­kun­di­gen Unter­neh­men zu erleich­tern. Damit soll erreicht wer­den, dass tech­ni­sche Nor­men, die nur Kom­fort bie­ten und nicht zur Sicher­heit bei­tra­gen, nicht mehr auto­ma­tisch als „aner­kann­te Regeln der Tech­nik“ gewer­tet wer­den. Zusätz­lich soll das Abwei­chen von sol­chen Stan­dards nicht mehr zwin­gend als Sach­man­gel inter­pre­tiert wer­den, wodurch Bau­fir­men und Bau­her­ren mehr Fle­xi­bi­li­tät erhal­ten wür­den.

Die Bun­des­ar­chi­tek­ten­kam­mer und die Bun­des­in­ge­nieur­kam­mer unter­stüt­zen die­se Vor­schlä­ge, da sie das Bau­we­sen in Deutsch­land ins­ge­samt effi­zi­en­ter und inno­va­ti­ver gestal­ten könn­ten. Für die Umset­zung wird erwar­tet, dass in den kom­men­den Jah­ren ers­te Best-Prac­ti­ce-Bei­spie­le ent­ste­hen, wel­che die Vor­tei­le und Her­aus­for­de­run­gen des Gebäu­de­typs E auf­zei­gen wer­den.

Die­se Ent­wick­lung auf Bun­des­ebe­ne ist ein wesent­li­cher Schritt hin zu einem erleich­ter­ten, effi­zi­en­te­ren Bau­pro­zess und greift in Tei­len die Erfah­run­gen der Pilot­pro­jek­te auf, die in Bay­ern bereits initi­iert wur­den. Der recht­li­che Rah­men soll in den nächs­ten Jah­ren wei­ter ver­fei­nert wer­den, sodass letzt­lich eine ein­heit­li­che Anwen­dung in Deutsch­land gewähr­leis­tet wer­den kann

Leitlinie und Prozessempfehlung

​für das ver­ein­fach­te Bau­en im Rah­men des Gebäu­de­typs E hat das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Woh­nen, Stadt­ent­wick­lung und Bau­we­sen (BMWSB) eine umfas­sen­de Leit­li­nie und Pro­zess­emp­feh­lung erstellt. Die­se Leit­li­nie dient als „Mus­ter­pa­pier“ und bie­tet kon­kre­te Hin­wei­se und Bei­spie­le, wie Bau­her­ren und Pla­nungs­be­tei­lig­te durch ein­fa­che Bau­wei­sen rechts­si­cher von Stan­dards abwei­chen kön­nen. Das Ziel ist es, Bau­pro­zes­se zu ver­ein­fa­chen und die Bau­kos­ten zu sen­ken, ohne dabei grund­le­gen­de Sicher­heits­stan­dards zu ver­nach­läs­si­gen.

Das Pra­xis­do­ku­ment, das über 70 Sei­ten umfasst, beinhal­tet Emp­feh­lun­gen zur Ver­trags­ge­stal­tung und detail­lier­te Bei­spie­le für tech­ni­sche Abwei­chun­gen, etwa bei Geschoss­de­cken und Instal­la­tio­nen wie Steck­do­sen. So wird klar­ge­stellt, wel­che Stan­dards sicher­heits­re­le­vant sind und ver­bind­lich blei­ben, wäh­rend Kom­fort­merk­ma­le fle­xi­bel gehand­habt wer­den kön­nen. Dabei unter­stützt die Leit­li­nie durch kla­re For­mu­lie­run­gen und Auf­klä­rung über mög­li­che Aus­wir­kun­gen auf Qua­li­tät und Komfort​

Die Bun­des­re­gie­rung plant auch Anpas­sun­gen im Bür­ger­li­chen Gesetz­buch (BGB), um die recht­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen wei­ter zu ver­ein­fa­chen. Das Ziel ist ein Gebäu­de­ver­trag, der auf sicher­heits­re­le­van­ten Min­dest­stan­dards beruht und zugleich gestal­te­ri­sche Frei­räu­me für Bau­her­ren schafft, sodass kos­ten­ef­fi­zi­ent und fle­xi­bel gebaut wer­den kann​

Mehr zur Leit­li­nie des BMWSB fin­den Sie hier.

Quel­len:

Baye­ri­sche Archi­tek­ten­kam­mer, DABon­line | Deut­sches Archi­tek­ten­blatt, Bau­Desk, Baye­ri­sche Inge­nieu­re­kam­mer-Bau, Archi­tek­ten­kam­mer Ber­lin, Bun­des­mi­nis­te­ri­um der Jus­tiz, BMWi, HOAI.de, BMWi, BAU Mün­chen

Bild von Annet­te auf Pix­a­bay