“Damit die nächsten Weihnachtsgeschenke fair sind”

Online-Dis­kus­si­on: Teilnehmer*innen spre­chen sich für ein Lie­fer­ket­ten­ge­setz aus

In den Wochen vor Weih­nach­ten suchen wie­der vie­le nach dem per­fek­ten Weih­nachts­ge­schenk für die Fami­lie, Freun­din­nen und Freun­de. Doch wodurch zeich­net es sich aus? Die Teilnehmer*innen der von cum ratio­ne und der Bank für Kir­che und Cari­tas aus Pader­born ver­an­stal­te­ten Online-Dis­kus­si­on „Das Lie­fer­ket­ten­ge­setz – Zwi­schen ethi­scher Ver­ant­wor­tung und büro­kra­ti­schem Auf­wand“ waren sich einig. Damit wir mit gutem Gewis­sen Klei­dung, Spiel­zeug oder Scho­ko­la­de kau­fen kön­nen, müs­sen die­se Din­ge vor allem eins sein: fair pro­du­ziert.
Kers­tin Haar­mann, Geschäfts­füh­re­rin cum ratio­ne
Dazu braucht es laut Ansicht der Refe­rie­ren­den end­lich eine gesetz­li­che Regu­lie­rung, die die in Deutsch­land täti­gen Unter­neh­men in die Pflicht nimmt. „Ein Lie­fer­ket­ten­ge­setz ist mach­bar und stellt auch mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men nicht vor unüber­wind­ba­re Hin­der­nis­se“, fasst Mode­ra­to­rin Kers­tin Haar­mann von cum ratio­ne das Ergeb­nis der Dis­kus­si­on zusammen.„Wir begrü­ßen das Lie­fer­ket­ten­ge­setz aus­drück­lich“, betont Dr. Richard Böger, der Vor­stands­vor­sit­zen­de der Bank für Kir­che und Cari­tas. „Gesetz­li­che Ver­pflich­tun­gen sind immer bes­ser als frei­wil­li­ge Ver­ein­ba­run­gen, die nur zum Teil ein­ge­hal­ten wer­den.“
Dr. Richard Böger, Vor­stands­vor­sit­zen­der der Bank für Kir­che und Cari­tas

Ein­ge­lei­tet wur­de die Ver­an­stal­tung von Frau Dr. Maria Flachs­barth, der Par­la­men­ta­ri­schen Staats­se­kre­tä­rin beim Bun­des­mi­nis­ter für wirt­schaft­li­che Zusam­men­ar­beit und Ent­wick­lung. In ihrem Vor­trag ging sie auf die aktu­el­le Lage ein und ver­deut­lich­te dabei die Not­wen­dig­keit eines Lie­fer­ket­ten­ge­set­zes.  „Made in Ger­ma­ny“, so die Staats­se­kre­tä­rin, „muss zukünf­tig nicht nur für eine hohe Pro­dukt­qua­li­tät, son­dern auch für öko­lo­gi­sche und sozia­le Nach­hal­tig­keit in der Pro­duk­ti­on ste­hen.“

Die Ver­an­stal­tung wur­de digi­tal in Micro­soft Teams durch­ge­führt

Johan­nes Lack­mann, der das mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men West­fa­len­Wind aus Pader­born in der anschlie­ßen­den Dis­kus­si­on ver­trat, beton­te, dass alle, die nach den Wer­ten des ehr­ba­ren Kauf­man­nes wirt­schaf­ten, einer gesetz­li­chen Rege­lung nur posi­tiv gegen­über ste­hen könn­ten. Gegen ein Lie­fer­ket­ten­ge­setz wird häu­fig argu­men­tiert, dass gera­de Mit­tel­ständ­ler nicht sämt­li­che Risi­ken inner­halb ihrer welt­wei­ten Lie­fer­ket­ten über­prü­fen könn­ten. Das sieht Lack­mann anders: „Unter­neh­men prü­fen bereits die Qua­li­tät der Pro­duk­te wäh­rend der unter­schied­li­chen Her­stel­lungs­stu­fen. Men­schen­rech­te und Umwelt­stan­dards könn­ten rela­tiv ein­fach dar­an ange­knüpft wer­den.“ Hier­zu hät­te er sich eine Stel­lung­nah­me vom Pader­bor­ner Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten Cars­ten Lin­ne­mann gewünscht, der als Vor­sit­zen­der der Mit­tel­stands- und Wirt­schafts­uni­on der CDU/CSU den aktu­el­len Geset­zes­ent­wurf stark bemän­gelt hat­te. „Lei­der hat er die Ein­la­dung abge­lehnt und sich damit aus der Ver­ant­wor­tung gezo­gen“, kri­ti­siert Lack­mann.

Rabea Schaf­rick von Brands Fashion, einem Her­stel­ler nach­hal­ti­ger Arbeits­klei­dung, stimm­te zu, dass die Anfor­de­run­gen auch für mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men mach­bar wären, sofern sie nur woll­ten. Auch wenn trans­pa­ren­te Lie­fer­ket­ten und ein sorg­fäl­ti­ges Risi­ko­ma­nage­ment natür­lich mit einem gewis­sen Auf­wand ver­bun­den sei­en, so sei Nach­hal­tig­keit ein zukunfts­be­stim­men­des The­ma, für das sich der Ein­satz loh­ne.

Der Damm­bruch in Bra­si­li­en for­der­te zahl­rei­che Men­schen­le­ben

 

Auch der Ver­band der Tech­ni­schen Über­wa­chungs­ver­ei­ne Deutsch­land (VdTÜV), für den Dr. Joa­chim Büh­ler an der Dis­kus­si­on teil­nahm, spricht sich für ein Lie­fer­ket­ten­ge­setz aus. Prüf­un­ter­neh­men wie der TÜV könn­ten aus sei­ner Sicht eine wich­ti­ge Rol­le in der Beur­tei­lung der Ein­hal­tung der sozia­len und öko­lo­gi­schen Stan­dards inner­halb der glo­ba­len Wert­schöp­fungs­ket­ten spie­len. Hier­zu gab es jedoch auch kri­ti­sche Stim­men aus dem Podi­um. Prüf­un­ter­neh­men wird vor­ge­wor­fen,  dass sie in der Ver­gan­gen­heit immer wie­der ekla­tan­te Män­gel nicht auf­de­cken konn­ten und es so zu tra­gi­schen Ereig­nis­sen wie dem Fabrik­ein­sturz in Ban­gla­desch 2013 mit über 1100 Toten oder dem Damm­bruch in Bra­si­li­en mit 272 Toten kam.  Zukünf­tig müs­se dar­über nach­ge­dacht wer­den, wie auch die­se Unter­neh­men stär­ker in die Haf­tung genom­men wer­den könn­ten.

Tom­my Pie­mon­te, der als Lei­ter des Nach­hal­tig­keits­re­se­archs die ethi­sche Anla­ge­stra­te­gie der Bank für Kir­che und Cari­tas vor­stell­te, ergänz­te die Dis­kus­si­on neben der Blick­rich­tung eines ethisch-nach­hal­ti­gen Inves­tors und den dar­über hin­aus­ge­hen­den finan­zi­el­len Risi­ko­aus­wir­kun­gen von Ver­stö­ßen in der Lie­fer­ket­te bei Unter­neh­men um einen emo­tio­na­len Aspekt: „Ein Lie­fer­ket­ten­ge­setz wür­de die Welt ein Stück gerech­ter und bes­ser machen. Davon pro­fi­tie­ren wir alle als Men­schen.“

Wie Ent­wick­lungs­mi­nis­ter Mül­ler und Arbeits­mi­nis­ter Heil hofft Kers­tin Haar­mann, dass das Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um sei­ne Blo­cka­de­hal­tung zeit­nah auf­gibt. „Damit bei zukünf­ti­gen Weih­nachts­fes­ten Geschen­ke unter dem Baum lie­gen, bei denen wir mit gutem Gewis­sen sagen kön­nen: Die­ses Pro­dukt ist fair.“