Erstes Forum für Wirtschaftsethik in Paderborn

Foto von Mar­leen Eley.

Wie können wir Menschenrechte in globalen Lieferketten schützen?

Wenn wir als Konsument*innen heut­zu­ta­ge eine Jeans im Laden unse­res Ver­trau­ens in den Hän­den hal­ten, dann wis­sen wir oft gar nichts über die lan­ge Rei­se, die die­ses Klei­dungs­stück schon hin­ter sich gebracht hat. Wir ken­nen weder die genaue Zahl der Pro­duk­ti­ons­län­der und noch haben wir eine genaue Vor­stel­lung von den dort vor­herr­schen­den Arbeits­be­din­gun­gen. Die Lie­fer­ket­te in der welt­wei­ten Tex­til­in­dus­trie ist mitt­ler­wei­le so weit ver­zweigt, dass selbst die gro­ßen Mar­ken teil­wei­se Pro­ble­me haben, den Über­blick über sämt­li­che Pro­duk­ti­ons­stät­ten zu behal­ten. Und genau das macht es so schwie­rig, zu ent­schei­den, wer ver­ant­wort­lich ist, wenn Men­schen­rech­te ent­lang der Lie­fer­ket­te ver­letzt wer­den und was dage­gen getan wer­den könn­te.

Das erste Forum für Wirtschaftsethik in Paderborn

Unter dem Titel „Unter­neh­mens­ver­ant­wor­tung in Lie­fer­ket­ten“ wid­me­te sich das ers­te Forum für Wirt­schafts­ethik in Pader­born die­ser Pro­ble­ma­tik. Prof. Dr. Wolf­gang Thö­nis­sen, Rek­tor der Theo­lo­gi­schen Fakul­tät, und der Prof. Dr. René Fahr von der Uni­ver­si­tät Pader­born boten mit die­ser Koope­ra­ti­ons­ver­an­stal­tung eine Aus­tausch­platt­form für Wissenschaftler*innen, Expert*innen aus der Wirt­schaft und Stu­die­ren­de. Bevor Prof. Dr. Gün­ter Wil­helms in die The­ma­tik ein­führ­te, begrüß­te der anwe­sen­de Bür­ger­meis­ter Micha­el Drei­er die Gäs­te. Er lob­te die Ver­an­stal­tung und beton­te, dass ein stär­ke­res Bewusst­sein für fai­re Pro­duk­te in der „Fair-Trade“-Stadt wün­schens­wert sei.

Es folg­te ein Impuls­vor­trag von Prof. Dr. Nick Lin-Hi. Die­ser ana­ly­sier­te die Rol­le von Unter­neh­men und ihre Ver­ant­wort­lich­kei­ten inner­halb der eige­nen Lie­fer­ket­te am Bei­spiel der welt­wei­ten Tex­til­in­dus­trie. Dabei stell­te er Maß­nah­men zur Erhö­hung der Trans­pa­renz inner­halb der Lie­fer­ket­ten als ele­men­ta­res Instru­ment dar. Gleich­zei­tig bekräf­tig­te er, dass die Respek­tie­rung ihrer Ver­ant­wor­tung letzt­end­lich sogar Wett­be­werbs­vor­tei­le für das betref­fen­de Unter­neh­men bedeu­ten wür­de.

Im Anschluss an den Vor­trag soll­te nun im Rah­men einer Podi­ums­dis­kus­si­on auch ins­be­son­de­re die Unter­neh­mens­sicht betrach­tet wer­den. Teil­neh­mer der Dis­kus­si­on waren: Nico Kemm­ler, Tex­til­kon­tor Wal­ter Sei­den­sti­cker, Ans­gar Loh­mann, KiK Tex­ti­li­en und Non-Food GmbH, Jan-Chris­ti­an Nie­bank, Deut­sches Insti­tut für Men­schen­rech­te, Prof. Dr. Nick Lin-Hi, Pro­fes­sor für Wirt­schaft und Ethik der Uni­ver­si­tät Vech­ta und unse­re Geschäfts­füh­re­rin Kers­tin Haar­mann.

Mit Blick auf die loka­len Ange­bo­te kri­ti­sier­te Haar­mann, dass aktu­ell zu wenig Mög­lich­kei­ten zum Kauf von fair gehan­del­ten Tex­ti­li­en in Pader­born bestehen wür­den. „Das The­ma muss stär­ker in der Gesell­schaft ver­an­kert wer­den“, so Haar­mann. „Wir wol­len, dass Fair Fashion das neue Bio wird!“. Ihre For­de­rung nach einem Lie­fer­ket­ten­ge­setz unter­stütz­te auch Unter­neh­mens­ver­tre­ter Ans­gar Loh­mann von KiK. Die bei­den waren sich einig, dass es eine natio­na­le – bes­ser sogar eine inter­na­tio­na­le – gesetz­li­che Rege­lung geben müs­se, damit alle Unter­neh­men in die Pflicht genom­men und kei­ne Nach­tei­le für Vor­rei­ter ent­ste­hen wür­den. Nie­bank vom Deut­schen Insti­tut für Men­schen­rech­te for­der­te außer­dem, dass in der öffent­li­chen Beschaf­fung fair pro­du­zier­te Tex­ti­li­en den Vor­zug erhal­ten soll­ten.

Die Pres­se­mit­tei­lung der Uni­ver­si­tät Pader­born befin­det sich hier.

Und wie geht es weiter?

Inter­es­sant ist die­se Dis­kus­si­on im Hin­blick auf den 9. Novem­ber: Für die­sen Ter­min hat Ent­wick­lungs­mi­nis­ter Gerd Mül­ler die Ver­öf­fent­li­chung des Grü­nen Knop­fes ange­kün­digt. Dabei soll es sich um ein staat­li­ches Tex­til­sie­gel han­deln, das Verbraucher*innen einen Auf­schluss über sozia­le und öko­lo­gi­sches Bedin­gun­gen bei der Fer­ti­gung der Pro­duk­te geben soll. Die frei­wil­li­ge Pro­dukt­zer­ti­fi­zie­rung kön­nen inter­es­sier­te Unter­neh­men dabei selbst bean­tra­gen. Die Kam­pa­gne für Sau­be­re Klei­dung sieht das Label vor der Ver­öf­fent­li­chung bis­lang eher kri­tisch. Zwei­fel wer­den unter ande­rem gegen­über der Trans­pa­renz und Nach­ver­folg­bar­keit oder der Effek­ti­vi­tät von Kon­troll­me­cha­nis­men geäu­ßert. Eine abschlie­ßen­de Bewer­tung des staat­li­chen Sie­gels kann jedoch erst nach des­sen Erschei­nen und einer Offen­le­gung der Prüf­kri­te­ri­en statt­fin­den.

Die vor­läu­fi­ge Stel­lung­nah­me der Kam­pa­gne für Sau­be­re Klei­dung fin­det sich hier.